Bekanntermaßen freut sich Kantorin Laura Schildmann grundsätzlich über Interesse für die Große Stobel-Orgel in der Unterkirche in Bad Frankenhausen – sei es von „Normalbürgern“ oder von Fachleuten.
Vor einiger Zeit erhielt Kantorin Laura Schildmann (Bad Frankenhausen) über die sozialen Medien eine Mitteilung bzw. Anfrage. Ein Orgelrestaurator möchte gerne die große Strobel-Orgel der Unterkirche kennenlernen. Da das fachlicherseits immer interessant sein könnte, nahm die Kantorin Kontakt auf. Mitte Juli war es soweit. Auf seiner Rückreise von Polen (dort war er auch in Sachen Orgelrestauration unterwegs) machte er für ein paar Stunden Station und traf sich mit Frau Schildmann in der Unterkirche. Der Orgelbauer Sicco Steendam kannte sich mit strobelschen Orgeln aus. Er rekonstruierte 2000/2001 in der „Evangelisch Lutherse Kerk“ zu Haarlem/Niederlande die dortige Orgel und die hat etwas mit dem bei uns bekannten Orgelbauer Julius Strobel zu tun.
Julius Strobel (1814 – 1884), Frankenhäuser Orgelbauer, baute auch in unserer Region zahlreiche Orgeln, z. B. in Oberröblingen, Ichstedt, Allstedt, Sangerhausen, Sondershausen, Gehofen, Uftungen, Kelbra. Doch auch in der damaligen Zeit waren „Beziehungen“ (heute sagt man „Netzwerke“) wichtig. In den Niederlanden wohnte seit 1858 sein Freund, Musiklehrer und Organist W. H. Ch. Schmölling ((stammte aus Sachsen). Obwohl zahlreiche deutsche Orgelbauer in den Niederlanden tätig waren, erhielt Strobel (er hatte schon einige Orgeln in den Niederlanden gebaut) dank der „Führsprache“ Schmöllings 1882 den Auftrag zum Neubau einer Orgel in der „Evangelisch Lutherse Kerk“ zu Haarlem, die Einweihung erfolgte am 20. August 1882.
In den folgenden Jahrzehnten verschlechterte sich der Zustand der Orgel durch diverse Eingriffe (geschuldet auch der veränderten Klangauffassungen), 1948 erfolgte ein rigoroser Umbau, dem aber kein großer Erfolg beschieden war. Nach 1975 war das Ende der Strobelorgel fast beschieden.
Eine 1997 gegründete Stiftung „Restauration Strobelorgel“ (man beachte die Ähnlichkeit des Vorgehens in Frankenhausen) favorisierte die Wiederherstellung der 1882 gebauten Strobelorgel; die Zielvorgabe lautete: Integrale Rekonstruktion des Orgelzustandes aus dem Jahr 1882. Dies wurde ermöglicht durch noch vorhandenes Material von Orgeln aus der Luther- und anderer niederländischer und deutscher Strobelorgeln und denkmalsgerechtem Nachbau (wie auch in Bad Frankenhausen bzgl. der Strobel-Orgel). Den Auftrag erhielt der Orgelbaubetrieb Steendam aus Roodeschool (Niederlande). Am 1. April 2001 wurde die rekonstruierte Strobel-Orgel in der „Evangelisch Lutherse Kerk“ zu Haarlem zum ersten Mal wieder gespielt. Die Kirchgemeinde Bad Frankenhausen erhielt eine Einladung, hatte doch Frankenhausen einige historische Informationen geliefert. Leider konnte die Kirchgemeinde damals den Termin nicht wahrnehmen.
Nach 20 Jahren schließt sich der Kreis. Herr Sicco Steendam überraschte Kantorin Schildmann mit seinem Besuch am Ursprungsort der strobelschen Orgeln. Es gab zwischen beiden ein intensives fachliches Gespräch mit ausführlicher „Innenbesichtigung“ der hiesigen Strobel-Orgel, natürlich gehörte auch ein Spielen am Orgeltisch dazu. Und Orgelbauer Sicco Steendam und Chef seiner eigenen Firma kam nicht mit leeren Händen. Wie üblich gab es auch in Haarlem zur Einweihung eine „Festschrift“. Herr Steendam überreichte Frau Schildmann 100 ins Deutsche übersetzte Exemplare dieser Festschrift.
Und – sofern es die Umstände zulassen – wird über einen Besuch zur „Evangelisch Lutherse Kerk“ zu Haarlem nachgedacht.